Der Fluch des Nebelgeistes 03: Die Schiffe von Merior by Wurts Janny

Der Fluch des Nebelgeistes 03: Die Schiffe von Merior by Wurts Janny

Autor:Wurts, Janny [Wurts, Janny]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-05-03T13:03:05+00:00


Demaskierung

Der Sog der Gezeiten in ihrem Blut verriet Elaira, noch bevor sie ihre Augen öffnete, daß die mondlose, indigoblaue Nacht noch immer die Rundbogenfenster der Korianiherberge verdunkelte. Dies war keine schlechte Zeit, wach zu werden. Der Geruch von Kräuterseife und die herben Ausdünstungen des Balsams aus Cailcallowblättern erinnerten sie sanft daran, daß sie noch immer in einem Krankenzimmer lag. Erst vor drei Monaten hatte sie selbst sich damit beschäftigt, Heilmittel zu brauen. Nun, wie eine unerfreuliche Ironie des Schicksals, war sie diejenige, die geheilt werden mußte; die Anpassung der Resonanz magischer Kristalle an eine lange Lebenszeit war ein Schritt, den ein furchtsamer Mensch nicht tun sollte.

Behutsam veränderte Elaira ihre Lage. Die Laken klebten schweißnaß an einem Leib, der ihr wie eine ungewohnte Last erschien. Ihr Kopf schmerzte, und ihre Venen fühlten sich an, als wären sie systematisch von innen heraus verbrüht worden.

Morriel, die Oberste Zauberin, hatte sie zwar vor den Schmerzen gewarnt, doch niemand hatte ihr etwas über den Begleiteffekt in Gestalt von Träumen erzählt.

Eine sanfte Brise wehte herein und trug den Geruch von Mandeln und Blüten der Weinranken herein, die die Südfassade der Herberge bedeckten. Irgendwo draußen ertönten Ziegenglöckchen, begleitet von dem Flötenspiel des Hirtenjungen, das aus noch größerer Entfernung noch etwas leiser an ihr Krankenlager drang.

Elaira klammerte sich an diese elementaren Wahrnehmungen, an Gerüche und Geräusche und den Anblick der sommerlichen Sternenkonstellationen, die sich grimmig vor dem dunklen Himmelszelt abhoben.

In Nächten wie dieser verweilte sie gar bei ihren scheußlichen Qualen, nur um nicht wieder einzuschlafen. Sie war bereit, jedes nur denkbare Mittel als Anker zu benutzen, sich vor den grausigen Alpträumen zu schützen, die sich in ihr Unbewußtsein schlichen. Träume, die sie mit sich zerrten und unter Wogen blanken Entsetzens ersticken wollten, dann wieder schwanden, sie zitternd und schluchzend zurückließen, ohne irgendeine Erinnerung, die es ihr gestattet hätte, die Furcht, die sie überwältigte, beim Namen zu nennen. Zu anderen Gelegenheiten erlebte sie erneut die Schrecken ihrer schäbigen Kindheit, sah sich mit klopfendem Herzen durch die schmutzigen Gassen Morvains vor dem Wachtmeister fliehen. Bettler und Diebe, die ihr geholfen oder sie hintergangen hatten, zeichneten sich deutlicher vor ihr ab, als es ihre gegenwärtige Umgebung tat.

Später dann erhob sie sich und empfand sich als Fremde, eingeschlossen in den Körper einer erwachsenen Frau, abgetrennt von ihrer wahren Identität, fortgerissen von Geist und Selbst, durch die Auswirkung der veränderten Resonanz ihres magischen Kristalls. Wenn sie allein war während dieser Übergangsphasen, minutenlang unter schweißtreibenden Qualen litt, dann keuchte sie manches Mal voller Verwirrung in dem verzweifelten Bemühen, die verstreuten Fäden ihrer ausgefransten Selbstwahrnehmung wieder einzusammeln.

Wenn sie nicht während dieses Prozesses der Anpassung an eine verlängerte Lebensspanne, dem sie sich auf den Wunsch ihrer Obersten unterzogen hatte, den Tod finden würde, so sollte er in weiteren drei Monaten abgeschlossen sein. Dann, so gelobte Elaira feierlich, würde sie wieder lernen zu lachen; sie hatte ein scheußlich langes Leben vor sich, und sie würde Lirenda, die Erste Zauberin, von einem Ärgernis zum nächsten hetzen.

Mit solchen Phantasien entlockte sie sich selbst ein müdes, halbherziges Lächeln, das sie



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